Was sind Lesepaten?

Der Alzenauer Familientisch fragt Lesepaten

Nach dem ersten Interview zum Sprachförderprojekt „Arkadas“ (Main-Echo am 21.5.14) folgte nun ein Interview mit Christl Huber, Mitarbeiterin der Stadtbibliothek am Marktplatz, über die dort tätigen „Lesepaten“.

Immer donnerstags von 16.00 bis 16.45 Uhr, jedoch nicht in den Schulferien, lesen Ehrenamtliche im Wechsel in einem gesonderten Raum im Obergeschoss vor. Kürzlich war dies Christiane Waldschmitt aus Hörstein, die mit der  Bildergeschichte „Oskar und der sehr hungrige Drache“ rund ein Dutzend Kinder begeisterte. Die Kinder konnten die Buchillustrationen, mit einem Beamer auf eine Leinwand projiziert, auf kleinen Sesseln sehr gut mitverfolgen.

Huber, seit der Eröffnung 1986 dort tätig, hob hervor, dass aktuelle Studien belegen, dass Kindern aus unterschiedlichen Gründen immer weniger vorgelesen werde. Die bundesweit tätige “Stiftung Lesen“ sei aktiv, um im Verbund mit den Bibliotheken flächendeckend gegenzusteuern. Manche Eltern verkennen die überaus große Bedeutung des Vorlesens für die Sprachförderung ihrer Kinder oder nehmen sich aus verschiedenen Gründen nicht die Zeit dafür.

Vorlesen fördert nicht nur die Sprachentwicklung, regt die Fantasie und Kreativität der Kinder an und bietet einen tollen Kontakt zu Büchern, sondern macht auch noch Spaß und gibt der Beziehung immer wieder wertvolle Impulse.

Ein erstes Lesestart-Set erhalten Kinder bereits nach dem ersten Lebensjahr vom Kinderarzt und das zweite Lesestart-Set an ihrem dritten Geburtstag von den Bibliotheken, um Vorlese-Tipps und praktische Anregungen für die Eltern zu geben. Die Broschüre „Komm, lies mir vor!-Teil 2“ in den Sprachen Deutsch, Polnisch, Türkisch und Russisch wird zusammen mit einem schönen Bilderbuch und weiteren Informationen in einer knallgelben Lesestart-Tasche an alle Dreijährigen ausgegeben.

Huber:  „Wünschenswert und hilfreich ist,  wenn dieses kostenfreie Angebot durch persönliche Ansprache der Eltern in allen Kindergärten und Grundschulen beworben und dort ausliegende Flyer als Ergänzung zu den dortigen Aktivitäten und Angeboten ausgehändigt werden. Da in der Stadtbibliothek vor allem Frauen und nur vereinzelt  Männer vorlesen, sind weitere Männer als Lesepaten sehr willkommen. Sofern gewünscht, stehen Schulungsangebote und ein Lesepaten-Stammtisch zur Verfügung. Nähere Informationen bei uns in der Stadtbibliothek, Tel. 502-200.“

Das Vorlesen wird in Alzenau aber auch andernorts angeboten:  In der Karl-Amberg-Schule für Kinder mit Förderbedarf, im BRK-Seniorenheim und im Kreiskrankenhaus Wasserlos, wobei diese Aufzählung keinen Anspruch auf Vollständigkeit erhebt.

Das Interview im Wortlaut

Für wen ist Ihr Angebot gedacht?

Für alle Kinder zwischen 5 und 7 Jahren – besonders für die, die zu Hause nicht (so viel) vorgelesen bekommen

Warum ist das Vorlesen für Kinder wichtig?LP_IMG_1930.kjpg

Vorlesen macht schlau! Die zuhörenden Kinder erweitern dabei ihren Wortschatz, bekommen ein Gefühl für die Sprache und können sich in eine andere Welt versetzen. Der Vorleser gibt ein Vorbild ab.

Haben Sie den Eindruck, dass die Bedeutung von Eltern manchmal unterschätzt wird?

Ja!

Ist eine Qualifizierung als Lesepate erforderlich?

Wünschenswert ist die Teilnahme an einer Schulung, die wir auch im eigenen Haus anbieten

Gibt es für Kinder mit Förderbedarf in Kindergärten und Grundschulen von dort Empfehlungen für Ihr Angebot oder gibt es auch da Vorlesestunden? 

Wie oft und wie viel in den Institutionen vorgelesen wird, ist sicherlich sehr unterschiedlich. Alle Einrichtungen legen gerne Flyer für uns aus oder hängen Plakate auf.

Von welcher Seite werden Sie unterstützt und was läuft aus Ihrer Sicht gut?LP_IMG_1932k

Die Stiftung Lesen bietet sehr viel Material, das auch unter www.netzwerkvorlesen.de abrufbar ist, über das Landratsamt finden immer wieder Schulungen und Austauschtreffen statt.

Wo sehen Sie einen Verbesserungsbedarf?

Es ist uns noch nicht ausreichend gelungen, die Materialien und die Angebote an die “richtigen” Adressaten zu bringen.

An wen kann man sich bei Interesse wenden?

Direkt an die Bibliothek oder Frau Spalek vom Landratsamt

Sind Ihnen weitere ähnliche Angebote in Alzenau bekannt?

An der Karl-Amberg-Schule werden Lesepaten eingesetzt, auch im Kreiskrankenhaus und im Seniorenheim wird vorgelesen

Ein letzter Satz, vielleicht ein Appell?

Bitte ganz früh mit dem Vorlesen beginnen! Wir unterstützen die Aktion “Lesestart” der Stiftung Lesen. Jedes Kind kann sich nach seinem 3. Geburtstag bei uns eine Lesestart-Tasche, gefüllt mit einem Bilderbuch und vielen Tipps, abholen.

Das Interview führte Thomas Röhrs im Juni 2014